Eine wichtige Quelle, um die Todes- und Lebensumstände der Bevölkerungen früherer Zeiten zu erforschen, ist die Untersuchung von menschlichen Überresten. Diese stellen biohistorische Urkunden dar, die detailliert
über Einzelheiten eines vergangenen Lebens berichten können. Besonders die anthropologische Bearbeitung ganzer Skelettserien, die während archäologischer Kampagnen auf neuzeitlichen Bestattungsplätzen geborgen
wurden, ist dabei von Bedeutung. Mithilfe makroskopischer und mikroskopischer Methoden können Daten zu Sterbealter, Geschlecht und Erkrankungen einer Person erhoben werden. Besonders letztere geben Hinweise auf Lebensbedingungen, in einigen Fällen
auch auf Todesursachen.
Das angewandte Methodenspektrum reicht dabei von der morphologischen bzw. metrischen Erfassung des Skeletts über lichtmikroskopische Untersuchungen von Knochendünnschliffen und medizinischen
Diagnoseverfahren bis hin zur Analyse von DNA-Material, Isotopen und Spurenelementen. So lassen sich auch Aussagen zur Ernährung und Herkunft der bestatteten Individuen treffen. Darüber hinaus können durch
statistische Auswertungen paläodemografische Daten z. B. zu den Sterbewahrscheinlichkeiten bestimmter Altersgruppen erhoben werden. Die so gewonnenen Ergebnisse ermöglichen weiterhin den Vergleich verschiedener
Populationen miteinander, wodurch beispielsweise regionale Besonderheiten erfasst werden können.
Bei besonders günstiger Quellenlage, wenn neben den Skelettfunden Bild- und Schriftquellen vorliegen, besteht die Chance historische Persönlichkeiten zu identifizieren. Gesichtsrekonstruktionen tragen sowohl
dazu bei anonymen Individuen ein (mögliches) Gesicht zu geben, als auch das Erscheinungsbild historischer Persönlichkeiten mit bekannten Porträts abzugleichen.
Skelettensemble von der Grabung am Petriplatz (Ausschnitt), Foto: Leon Kahane